Dienstag, 16. Oktober 2012

Barawljany I

Hallo liebe Freunde!

Gestern war einer dieser Tage, einer dieser Tage, der mir erneut vor Augen geführt hat, warum ich hier bin, in einem Land, das so unbekannt und kulturell so weit entfernt von Europa ist.

Wie jeden Montag haben Lina und ich uns fertig gemacht und und sind um 09.10 Uhr losgefahren. Auf dem Weg ins Krankenhaus habe ich mir überlegt was ich heute machen möchte- spielen, malen, kneten oder mich einfach nur auf die Kinder einlassen? Diese Frage beantwortete sich von selbst als wir ankamen und Larissa uns erzählte, dass heute ein Konzert im Krankenhaus stattfindet.

So bin ich also vormittags auf meine Station und ins Zimmer 3. Dascha war weg. Und auch Loscha war nirgends aufzufinden. Larrissa erzählte mir sie wurden entlassen, haben ihre Chemotherapie hinter sich uns müssen nur noch zu ihren regelmäßigen Untersuchungen.
Einer dieser Momente, die mich unglaublich glücklich machen. Sie sind weg und das ist gut!

Auf dem Gang spricht mich eine Mutter an. Ich habe sie vorher nie gesehen aber anscheinend weiß sie wer ich bin und fragt mich auf englisch, ob ich 10 Minuten auf ihren kleinen Vova (Vadim) aufpassen kann. Ohne groß zu überlegen, folge ich ihr in ein Zimmer ganz am Ende des Ganges. Ich finde einen dreijährigen Jungen vor, er ist sehr schwach, am Bett angebunden und im Hinterkopf, der Nase, dem Mund und in einer Vene am Unterarm steckt ein Zugang. Er kann nicht reden und gibt nur leise Geräusche von sich. Ich stelle mich ihm kurz vor und dann war ich auch schon alleine im Zimmer. Was macht man mit jemandem der nicht mal die Kraft aufbringen kann, die Augen offen zu halten? Behutsam streichel ich ihm mit meinem Daumen, seine Hand ist so groß wie zwei meiner Finger.
Nach ca 15 min. kommt seine Mutter wieder. Sie weint, bedankt sich mehrmals bei mir dafür, dass ich auf ihn aufgepasst habe. Eine Selbstverständlichkeit für mich, aber nicht für jemanden, der seit einem halben Jahr auf der Infektionsstation eines Krebskrankenhauses ist.
Heute wurde er erneut oppertiert, seine Mutter läuft appatisch durch die Gänge, weint. Sie sieht mich, kommt zu mir und bedankt sich bei mir. Wieder und wieder.
Ich weiß nicht genau warum sie mir so dankbar ist, eins weiß ich nur. Die 15 min, die ich gestern auf den Jungen aufgepasst habe, waren sehr wichtig für diese Frau.

Und für mich. Sie haben mir gezeigt, dass ich was Gutes mache. Man ist mir dankbar, sehr sogar, für kleine Gesten, für die Spiele die ich mit den Kindern spiele, für meine Anwesenheit.

Nachmittags ging es dann zum Konzert. Lina und ich haben uns zusammen mit Kolja ( von meiner Station, zu ihm werde ich bestimmt noch einmal etwas erzählen) in die letzte Reihe gesetzt. Auf der Bühne wurde getanzt, gesungen und das Publikum klatschte fleißig zu jedem Lied mit. Ehrlich gesagt war es nicht besonders schön für mich, furchbare Musik und alles sehr aufgesetzt.
Aber es war Abwechslung zum tristen Krankenhausalltag.

Das war ein kurzer Einblick in mein Hauptprojekt. Dieses Projet ist der Grund, weshalt ich hier bin, in Belarus, Minsk! Und das ist auch gut so.


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